Lomitas
Am Montag musste Gestüt Fährhofs Lomitas nach einer Kolik-Operation eingeschläfert werden. Hinlänglich bekannt ist seine Karriere als Rennpferd und späterer Deckhengst aber Lomitas hat nicht nur der jüngeren deutschen Rennsport-Geschichte seinen Stempel aufgedrückt sondern auch das Leben einiger Menschen in seinem Umfeld mehr oder weniger grundlegend verändert.
Mit seinen Leistungen als Rennpferd war er sicherlich der berufliche Durchbruch für seinen Trainer Andreas Wöhler und aufgrund der Schwierigkeiten an der Startmaschine bestimmt auch die Ursache einiger schlafloser Nächte.
Auch für den damals noch jungen Peter Schiergen war er das Sprungbrett für seine sehr erfolgreiche Laufbahn als Jockey.
Für Monty Roberts, dessen Name im Übrigen damals von Daniel Delius ins Spiel gebracht wurde, ebnete Lomitas den Weg nach Deutschland und Europa, wo er in den Jahren danach viele Erfolge mit seinen Shows und Büchern feierte.
Die einschneidendste Veränderung erfuhr aber Simon Stokes, der zu jener Zeit noch als Hindernis-Jockey am Rennstall Wöhler tätig war. Als Monty Roberts nach Bremen kam um mit Lomitas zu arbeiten, brauchte er natürlich jemanden, der der englischen Sprache mächtig war und der auch in seiner Abwesenheit die Arbeit in seinem Sinne fortführen kann. Die Wahl fiel auf Simon Stokes und so nahmen die Dinge ihren Lauf.
Beim ersten Start von Lomitas in Bremen und später zum Derby war Monty Roberts noch selbst vor Ort, danach war Simon Stokes dafür verantwortlich, dass Lomitas seinen Platz in der Startmaschine bezieht und damit er auch ja wirklich zur Verfügung steht und nicht vielleicht aufgrund einer Verletzung im Krankenhaus liegt, hat er auf so manchen Ritt verzichtet um das ganze Unterfangen nicht zu gefährden.
Nach anonymen Bedrohungen gegen den Hengst ging es 1992 für Simon und Lomi, wie er von allen genannt wurde, in einer Nacht- und Nebelaktion nach England in den Stall von Lester Pigott. Bei einer Stippvisite seines Trainers kam es für Simon Stokes zu einem bis heute unvergessenem Erlebnis als Lester Pigott seinen besten Handicapper sattelte um höchstpersönlich die 1400m-Arbeit mitzureiten und er von Simon und Lomitas vernichtend abgecantert wurde. Man wollte dann versuchen Lomitas von England aus auf den Prix de L‘Arc de Triomphe vorzubereiten aber Walther Jacobs hatte bereits schon alles für die Reise nach USA arrangiert, wo der Hengst in Santa Anita Park stationiert war. Nachdem aber Hufprobleme eine längere Rekonvaleszenz erforderlich machten, wurde Lomitas auf der Flag-Is-Up Farm von Monty Roberts in Solvang, Nahe Santa Barbara, untergebracht. An den ersten Canter nach dieser Zeit kann sich Simon Stokes noch gut erinnern und er meint, das wäre ein wahrer Höllenritt gewesen und Lomitas hätte sich gebärdet wie ein Rodeo-Pferd.
1994, nach vielen Monaten im Ausland und einer sehr intensiven Zeit mit Lomitas bekam Simon Stokes dann von Walther J. Jacobs das Angebot Racing Manager für Gestüt Fährhof zu werden, was seinem Leben natürlich eine vollkommen neue Richtung vorgab.
Der Kontakt zu Lomitas brach nie ab, auch als er als Deckhengst in England stand und wenn Simon in der Nähe war, bekam er seine bevorzugten Fisherman Friends. Simons größter Wunsch war immer ein selbstgezogenes Pferd von Lomitas, was leider in der Vergangenheit mit zwei verschiedenen Stuten nicht geklappt hatte und so bekam er dieses Jahr zu seinem 50. Geburtstag von Gestüt Fährhof einen kostenlosen Sprung für 2011 von Lomitas und wir wollten ihm, sozusagen als Leihmutter, Independent Miss zur Verfügung stellen. Es scheint, als müsste Simon Stokes zumindest diesen Traum begraben.
Eine Person rund um Lomitas wollen wir nicht vergessen zu erwähnen - das war seine damalige Pflegerin Martina Grünewald, bei der der manchmal so eigensinnige Hengst richtig zahm wurde, sich nur am Halfter spazieren führen ließ und ihr auch sonst treu ergeben war.
Wie man sieht, war Lomitas nicht nur ein außergewöhnliches Rennpferd, viele Menschen aus seinem Umfeld haben ihm auch viel zu verdanken.