21. August 2021 - 15:54
Bremen – Hongkong – Bremen – Pisa – Singapur – Dubai – Hongkong – Singapur – Bremen – Chicago – New York – Bremen - Melbourne – Hongkong – Bremen – etwas über 101.000 Kilometer, ein Pferd und ein junges Mädchen, knapp 9 Monate zusammen unterwegs immer der Sonne nach – Silvano und Bianca Sieling.
Damals, von Dezember 2000 bis Dezember 2001, kam einem Silvano's Welt umspannende Kampagne zwar schon etwas aufwendig aber eigentlich doch auch ziemlich normal vor. Werden jetzt nach Silvano's Tod die Erinnerungen an diese Zeit wach, kommt einem dieses Jahr mit all den vielen kleinen und großen Ereignissen aber einfach ganz unglaublich vor und kann wahrscheinlich gar nicht mehr getoppt werden.
Bis auf die Zeiten in denen der Trainer oder Simon Stokes vor Ort waren, waren Bianca und Silvano auf sich allein gestellt und haben die ganze Sache mit Bravour gemeistert. Die damals noch üblichen Handy-Tarife ließen die monatlichen Kosten für die täglichen Telefongespräche in ungeahnte Sphären schnellen aber auch wenn wirklich alles von Arbeitspensum bis zur Konsistenz des Stuhlganges besprochen wurde, die Umsetzung und Verantwortung vor Ort blieben bei Bianca. All die Zeit betüddelte sie Silvano mit ausgeprägter Hingabe und Liebe und der Hengst dankte es uns allen mit großer Leistungsbereitschaft und sensationellem Erfolgen in internationaler Gesellschaft.
Auch wenn nicht jeder dieser Meinung ist, Tiere verspüren sehr wohl auch Stolz oder Freude und Silvano war einer, der mit der Zeit sogar regelrecht eitel wurde und am liebsten hatte er Fotografen. Nach seinem Start in Singapur Mitte Mai kam der Hengst für eine Verschnaufpause zurück nach Bremen, wo Fährhof eine Willkommensparty für ihn organisierte und natürlich war auch die Presse vor Ort. Der lange Flug, die Abfertigung am Flughafen zog sich hin, es war warm und Silvano bei Ankunft in Sottrum – noch auf dem Transporter - sehr grantig und sehr quengelig. Aber dann öffnete sich die Laderampe, Silvano hörte das erste Klicken der Kameras, spitzte die Ohren, schmiss sich in Pose, entstieg wie ein Pfau und ließ sich ausgiebig von allen Seiten ablichten. Kaum in seiner Box, war er wieder genauso grantig wie zuvor. In Melbourne verbrachte er seine Zeit in Sandown Park und diese Quarantänestation war nur von einer Seite für die Öffentlichkeit einsehbar. An dieser Stelle hatte man auch ein erhöhtes Podest für die vielen Fotografen und Kameraleute angebracht und das hatte Silvano ganz schnell raus. An den nicht einsehbaren Seiten musste ihn Bianca mehr oder weniger schon fast ziehen aber sobald die Presse in Sichtweite war, kam die Brust raus und er stolzierte wie ein Lipizzaner. Es gibt so viele Geschichten aus diesen Monaten, dass aus diesem Bericht ein Buch werden würde. Man könnte darüber schreiben, dass Bianca in Hongkong eine Nacht zusammen mit Silvano in seiner Box verbringen musste weil der Hengst partout nicht die vorgeschriebene Urinprobe abgeben wollte, dass die geplante Rückreise nach Bremen wegen Maul- und Klauenseuche nicht bewerkstelligt werden konnte und so ein gesperrter Eddie Pedroza für eine Woche das Zepter in Dubai übernahm damit Bianca nach Hause konnte um ihren weitere Reise zu organisieren, dass 20 Mitarbeiter beim gemeinsamen Schauen des Rennens in Singapur um 5.00Uhr morgens vor lauter Freude über den Sieg fast des Trainers Wohnzimmer auseinander genommen hätten. Man könnte darüber schreiben, dass David Raphael fast seinen Job verloren hätte weil er in der Arlington Million für den Geschmack der Verantwortlichen allzu parteiisch:“Ride, Subi ride, ride home!“ ins Mikrofon brüllte, dass Andreas Suborics mit seinem damals noch sehr wienerischen Schulenglisch zum Stand-Up-Comedy der ausländischen Presse avancierte, einige seiner mit viel Körpereinsatz vorgebrachten Witze wahrscheinlich heute noch einigen Leuten geläufig sind, er den Zuruf „don't touch it“ nicht verstand und danach als Wombat-Flüsterer galt weil sich das hochschwangere und äußerst schlecht gelaunte Weibchen nach einer einzigen Berührung von ihm auf den Boden schmiss und gestreichelt werden wollte, oder dass jeder, der zu Silvano flog, das Gepäck auf ein Minimum reduzieren musste damit genug Platz für dessen Lieblingsfutter blieb.
Fast alle von Silvano's Rennen gehörten damals zur Emirates World Series und das Thema Gastfreundschaft war sehr großzügig angelegt. Es gab Partys, Empfänge und Ausflüge für alle Aktiven und manch geknüpfte Bande hat bis heute Bestand. Auch Silvano hat sich in dieser Zeit viele Freunde gemacht. Seine ausgesprochen liebenswürdige und dem Menschen sehr zugetane Art haben nicht nur wir an ihm geschätzt. Dass dann ein so höchst talentiertes Pferd und Gentleman-Charakter sich auch noch in der Zucht so erfolgreich durchsetzt und über Jahre bewährt, hat uns bei jeder Nachricht über einen weiteren großen Erfolg seiner Nachkommen immer wieder ungemein gefreut. Es ist wirklich sehr bedauerlich, dass ihm nicht ein längeres Rentnerdasein im sonnigen Südafrika vergönnt war.
Ein einziges Pferd hat es fertiggebracht, sehr viele Menschen über Jahre sehr glücklich zu machen – allen voran seine Züchter und Besitzer Stiftung Gestüt Fährhof, den Trainer, Andreas Suborics, Bianca, Mitarbeiter am Stall und auf den Gestüten, spätere Züchter, Besitzer seiner Produkte und so weiter und so weiter – danke Silvano!