Gestüt Graditz
Bis zum Ende des I. Weltkrieges "Königlich Preußisches Hauptgestüt Graditz"
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Auf Herolds Spuren in der 325-jährigen Geschichte des Gestüts Graditz
Quelle: Turf-Times vom 26.12.2011
Das Gestüt Graditz im sächsischen Torgau feierte in diesem Jahr sein 325jähriges Bestehen. Die traditionsreiche Zuchtstätte ist damit das älteste Vollblutgestüt Deutschlands. Die Liste der Namen, die in dieser langen Geschichte genannt werden müssen, ist lang. Einer darf in keinem Fall fehlen: Der des langjährigen Gestütsleiters Graf Georg von Lehndorff (1866 - 1906), dem wir bereits in der Turf-Times-Ausgabe 157 - click zum Archiv) eine ausführliche Geschichte gewidmet haben. Am Ende des Jubiläumsjahres soll es um einen berühmten Vierbeiner gehen: Herold ( Dark Ronald), der als Vererber deutche Vollblutgeschichte geschrieben hat. Erzzählt wird diese Geschichte von dem Chronisten Klaus-Dieter Graage.
Im Jahre 1917 erblickte Herold in Graditz das Licht der Welt
"Der bildschöne Graditzer, ein ziemlich großer, sehr edler Schwarzbrauner gehört trotz der Kürze seiner Laufbahn [im Rennstall] zu den bedeutendsten Erscheinungen in der Geschichte des deutschen Rennsports. Seine Hauptstärke war ein großartiger Speed, und gleichzeitig war ihm kein Weg zu weit." (1).
Erinnern wir folgend an den am 5. Mai 1917 im Königlich-Preußischen Hauptgestüt Graditz von Dark Ronald aus der Hornisse, von Ard Patrick gezogenen sowohl als Rennpferd wie auch Vererber herausragenden Englischen Vollbluthengst, in dem wir vor allem Zeitzeugen wie Graf Siegfried von Lehndorff (Graditzer Gestütsleiter 1906 – 1922) und die namhaften Sport-Welt-Journalisten Dr. Richard Sternfeld, Franz Wohl und Martin Beckmann zitieren.
"Es mag wiederholt sein, dass Herold ein edles, lebhaftes, energisches Pferd ist, in allen Points von bestem Mittelmaß, von großer Tiefe, mit tadellosem Mittelstück und einer langen, breiten und muskulösen Kruppe, mit tiefgestellten schönen Sprunggelenken, mit Knochen der Vorhand und der Hinterhand, die an Länge und Winkelung vollkommen sind, denen er seinen langen, schaffenden Galoppsprung zu danken hat." (2).
Herolds Eltern
Für die deutsche Vollblutzucht war es ein Glücksfall, dass die Preußische Gestütsverwaltung ein Jahr vor Ausbruch des 1. Weltkrieges den „großen“ Dark Ronald aus England erwerben konnte. Es war dies zuvorderst das Verdienst Burchard von Oettingens, dem Nachfolger Graf Georg Lehndorffs als Preußischer Oberlandstallmeister. Oettingen ist vor allem als Gestütsgründer und Schöpfer des Preußischen Hauptvollblutgestütes Altefeld sowie Initiator zur Übersiedlung (1919-1920) der staatlichen Vollblutzucht von Graditz nach Altefeld in die deutsche Turfgeschichte eingegangen; [1930/31 wurde die staatl. Vollblutzucht vorrangig aus finanziellen Gründen von Altefeld nach Graditz zurückverlegt].
Der 1905 in Irland aus der Kombination Bay Ronald – Darkie gezogene Dark Ronald gehörte zu den bedeutendsten Vererbern des 20. Jahrhunderts, dessen in England gezeugte Söhne (u. a. Son-in-Law, Magpi, Dark Legend) weltweit für Furore sorgten. Zunächst wurde der Ire in der seinerzeitigen Graditzer Dépendance Römerhof aufgestellt, wirkte dann bis 1920 auf Graditzer Scholle und danach bis zu seinem Tode im Jahre 1928 als Hauptbeschäler in Altefeld. In Deutschland erzielte Dark Ronald fünfmal das Championat der Vaterpferde!
Bereits in seinem ersten hiesigen Jahrgang (1915) stellte er an der Stute Reichenau die Siegerin im Austria-Preis und Wiener Derby. Und zu seinem dritten Jahrgang gehörte der deutsche Derbysieger Herold! Nächst "seinem besten Sohn" lieferte er für die deutsche Vollblutzucht vor allem so herausragende Cracks wie Wallenstein, Prunus, Aditi, Aberglaube, Nubier, Eckstein, Famulus, Freibeuter und Der Mohr.
Herolds Mutter Hornisse, von Ard Patrick aus der Hortensia wurde 1909 in Graditz geboren. Als frühreife Stute gewann sie das Stuten-Biennial, das Eintracht-Rennen sowie den traditionsreichen Leipziger Stiftungspreis. Und als Dreijährige zeigte sie im klassischen Preis der Diana als Zweitplatzierte hinter der siegenden Stallgefährtin Angostura ihre beste Leistung. In der Zucht brachte Hornisse jeweils in der Verbindung mit Dark Ronald vor ihrem „Meisterstück“ Herold (1917), den Hengst Humbug (1915), der später einen Platz in der Landespferdezucht (Marienwerder / Westpreußen) fand und danach den spätreifen Habicht (1919), der nach respektabler Rennkarriere als Beschäler in Ravensberg wirkte.
Nach nur kurzer Zuchtlaufbahn wurde Hornisse – wie leider etliche Graditzer Zuchtperlen (u. a. Flagge) und auch einige Gaststuten – Opfer der in Graditz in 1919 ausgebrochenen Anämie („Graditzer Seuche“). So konnte die wertvolle mütterliche Linie der 1900 aus England importierten Hortensia, v. Ayrshire (Familie 4) in Graditz leider nicht fortgeführt werden.
Herolds Rennlaufbahn
"Herold war im Graditzer Rennstall schon als Jährling für Klasse gehalten worden, doch bereitete er als Zweijähriger keine geringen Sorgen, da er häufig lahm war, infolgedessen wurde er erst im Herbst in einem kleinen Rennen herausgebracht, das er auch gewann, um aber nachher wiederum Spuren von Lahmheit zu verraten ... Daher entschloß sich die Leitung des Graditzer Rennstalles dazu, ihn über Winter an dem entzündeten Gleichbeinbande brennen zu lassen, ... seitdem ist Herold nie wieder lahm gewesen!" (2).
Als Dreijähriger trug Herold achtmal Seide, gewann sieben Rennen und belegte in der klassischen Prüfung Henckel-Rennen nach einer Unaufmerksamkeit seines Reiters im Finish hinter dem Außenseiter Pallenberg im toten Rennen mit Wallenstein "nur" Platz zwei.
Herolds exorbitante Rennklasse erschließt sich uns am besten in der nicht nur rhetorisch „ausdrucksstarken“ Schilderung des Derbys von 1920, aufgezeichnet in (2): Das Derby "begann ziemlich langsam, so daß auch die mäßige Gesellschaft noch lange im Bilde blieb, und wurde erst auf den letzten 900 m schneller, dann aber so schnell, daß schließlich noch die gute Zeit von 2:35,3 zustande kam. Die ruhige Fahrt des Anfangs ist vielleicht für Nubier, der besonders Stehvermögen besitzt und dessen Mechanik ein Gehen erheischt, nicht gerade sehr willkommen gewesen, sie war aber Wasser auf die Mühle eines Pferdes wie Herold. Er kam, wie seiner ganzen Anlage nach zu erwarten gewesen war, großartig um die Ecken herum und hielt sich in Gemeinschaft mit Nubier immer dicht im Fahrwasser seines Stallgefährten Vergleich, der auch hier wieder unvergleichlich brave Führerdienste leistete. Die Jockeys von Nubier und Herold achteten nur einer auf den anderen. Als auf der Geraden innen Nubier an Vergleich vorbeiging, da folgte im selben Augenblick außen Herold seinem Beispiel. Janek faßte mit seiner ganzen Bärenstärke Nubier an und brachte ihn zunächst unter zähestem Reiten auf eine halbe Länge von dem Graditzer hinweg. Damit hatte der Schlenderhaner aber auch alles verausgabt, was er an Steigern seiner Pace besaß. Als Herold nun seinen stets gerühmten Speed ausspielte, federnd und schnellend, da hatte Nubier nichts mehr zuzugeben. Mit ein paar kraftvollen Galoppsprüngen war Herold an seinem Gegner vorbei und strebte als überlegener Sieger dem Richterpfosten zu."
Und als Resümee resp. Derbyanalyse lesen wir ebenfalls in (2): "Das Derby hat ... dargetan, daß die Dark Ronald-Söhne Herold (Graditz) und Nubier (Schlenderhan) die beiden besten Dreijährigen in Deutschland sind ... Man darf sich von Herolds Derby nicht verabschieden, ohne der Verdienste des Trainers W. Spademan und des Jockeys Julius Rastenberger gebührend zu gedenken. Spademan der in Reginald Day’s Schule viel gelernt hat [Der Engländer R. Day war Graditzer Trainer von 1907 bis 1912], hat an Herold bewiesen, daß er mit einem guten Pferde warten, und daß er entsprechend individualisieren kann, daß er es versteht, ein solches Pferd in sicherem Werdegange einer großen Aufgabe entgegenzuführen. Rastenberger hat Herold meisterhaft geritten, hat ihn den ganzen Weg über in Bereitschaft gehalten und hat seine besonderen Eigenschaften in glücklichster Weise ausgenutzt."
Herold vermochte seine überragende Klasse auch bei den folgenden Triumphen im Großen Preis von Berlin, im St. Leger und vor allem im Gladiatoren-Rennen im direkten Vergleich mit der first class der älteren Pferde zu bestätigen, was von den Handicappern mit der GAG-Marke 103 kg gewürdigt wurde!
Dennoch war Herolds Züchter, Graf Siegfried von Lehndorff, fest davon überzeugt, dass der Hengst seine Leistungsgrenze als Dreijähriger noch nicht erreicht hatte und schreibt dazu in (3): "Leider fielen während Herolds Rennlaufbahn die Badener Rennen aus, so daß er keine Gelegenheit hatte, sich gegen ausländische Pferde zu versuchen ... Ich wollte Herold noch vierjährig im Rennstall behalten, wogegen aber der damalige Oberlandstallmeister Groscurth ..., der in der Vollblutzucht und im Rennbetrieb nicht bewandert war, Einspruch erhob ... Da die meisten Nachkommen von Dark Ronald, wie Wallenstein, Famulus und sein Enkel Oleander erst vier- und fünfjährig ihre besten Leistungen gezeigt haben, ist es zum mindesten wahrscheinlich, daß Herold, der außerdem ein sehr spätes Fohlen war, auch als älteres Pferd noch besser geworden wäre."
Mit seinen späteren Leistungen als Vererber jedoch ließ Herold die möglicherweise versäumten Chancen im Rennstall alsbald in Vergessenheit geraten!
Herolds Zuchterfolge
Die Deckhengstkarriere begann Herold 1921 in seiner Geburtsstätte Graditz und wurde im Zuge des Umzugs der staatlichen Vollblutzucht nach Altefeld im Jahre 1923 dort als Hauptbeschäler aufgestellt. Mit der Rückverlegung der Vollblutzucht nach Graditz im Jahre 1931 kehrte auch Herold in seine alte Heimat zurück und wirkte hier als Pascha bis zu seinem tragischen Ende im Frühjahr 1945.
"In der Zucht hatte es Herold zunächst schwer und sehr stark unter der damals (1919/20) grassierenden Graditzer Seuche zu leiden." (4).
"Gleich im ersten Jahr seiner Tätigkeit erkrankte er schwer an jener ansteckenden Anämie, von der er erst in 2 Jahren geheilt wurde. Auf seine Vererbung hat dieses Leiden aber keinen schädlichen Einfluß gehabt, ein Zeichen für seine gute Konstitution, denn sein erster Jahrgang nach überstandener Krankheit enthielt den in Leutstetten geborenen Derbysieger Lupus ." (3).
Für Altefeld resp. Graditz lieferte Herold u. a. Dionys (Derby), Alchimist (Union, Derby, GP von Berlin, GP von Baden), Arjaman (ungarisches und deutsches St. Leger), Panzerturm (Union, Braunes Band) sowie für das Gestüt Ebbesloh Effendi ( Henckel-R., Union).
Und im hohen Alter von 26 Jahren zeugte Herold für die kleine Vollblutzucht der Frau Madlene v. Heynitz (Dröschkau) den 1944 aus der französischen Importstute Bramouse gefallenen Bürgermeister!
Als Herolds sowohl nach Rennklasse als auch Vererberqualitäten bester Sohn erwies sich zweifelsfrei Alchimist [dreifacher Beschälerchampion, Vater von Schwarzgold und Birkhahn (Derbysieger in Hamburg und Hoppegarten, Dreiviertelbruder zu Bürgermeister)].
Im Gegensatz zu seinem Erzeuger profilierte sich Herold aber auch als exzellenter Stutenvater, wie uns ein Blick in das Allgemeine Deutsche Gestütbuch (5) zeigt. Stellvertretend seien hier Antonia (Preis der Diana, Mutter von Abendfrieden), die Seriensiegerin auf höchstem Level Sichel (Preis der Diana, Henckel-R., GP von Berlin, GP v. Baden, Großer Hansa-Preis), Valladolid (Eintracht-R., Mutter von Valparaiso) und Lehnsherrin (Preis der Diana) genannt.
In der 36 Mutterstuten umfassenden Graditzer Gestütsliste des Jahres 1942 waren allein 12 Herold-Töchter vertreten! Und 26 Stuten, d. h. 72,2 % des zuchtaktiven Graditzer Bestandes führten in den ersten beiden Generationen ihres Pedigrees mütterlicher- oder väterlicherseits Dark Ronald-Blut, was selbstredend dem Einsatz Herolds im Heimatgestüt zuletzt gewisse Grenzen auferlegt hat.
Herold lebt weiter
Über Herolds Tod gibt es in den Annalen widersprüchliche Angaben. In (6) lesen wir: "Tragisch sein Ende: Steinalt geworden, musste er am 15. April 1945 in Graditz zurückgelassen werden. Als er von Soldaten der Roten Armee in eine Deichsel vor den Wagen gespannt werden sollte und sich weigerte, wurde er erschossen."
Aber Herold lebt weiter! Noch Jahrzehnte nach seinem Tode erinnerte man auf vielen deutschen Turfplätzen mittels Renntiteln an den Heroen der deutschen Vollblutzucht. In Dresden-Seidnitz z. B. hatte der Rennveranstalter den „Preis der Dreijährigen“, die seit 1924 jährlich bis 2009 ausgetragene Derbyvorprüfung, im Jahre 1956 in HEROLD-Rennen umbenannt. Jedoch wurde im „sozialistischen“ Rennsport der DDR jener Titel 1973 administrativ in „Preis der Volkseigenen Gestüte“ geändert.
Vor allem aber ist Herold in der erfolgreichsten deutschen Hengstlinie Dark Ronald – Herold – Alchimist – Birkhahn – Literat – Surumu – Acatenango als wichtiges Glied fest verankert und so in den erweiterten Ahnentafeln etlicher europäischer Grupperennen-Sieger und auch aktueller deutscher Deckhengste wie z. B. Lando, Paolini, Platini, Sabiango, Protektor, Hammond und Aeskulap präsent.
Und über Acatenango und Lando"fließt" Herold-Blut [in 7. Generation] auch im Preis von Europa-Sieger 2010 Scalo gezogen im Gestüt Hof Ittlingen, dem Galopper des Jahres 2010!
"Die Starken stammen von Starken und Wackern, ... in jungen Pferden lebt die Vortrefflichkeit der Eltern."
Text: K. D. Graage, Repros: DPM (1), Hamburger Renn-Club (1), KDG-Archiv (2)
Quellen:
(1) Sternfeld, R., Dr.: Von Patience zu Nereide; (Nachdruck 1937), Asmussen-Verlag 2002.
(2) Wohl, Fr.: Das Deutsche Derby 1920; In: Vollblut, 3. Jhrg. , Reher-Verlag 1920.
(3) Lehndorff, S. Graf v.: Ein Leben mit Pferden; Landbuch-Verlag Hannover 1956.
(4) Beckmann, M.: Das war Graditz; In: Sport-Welt, Serie 1981 / 82.
(5) ADGB, XXI. Band, Berlin 1944.
(6) Siemen, H.: Faszination Galopp – 125 Jahre Deutsches Derby, Hamburg 1994.
325 Jahre Gestüt Graditz: Blut ist der Saft, der Wunder schafft!
Quelle: Turf-Times vom 24.03.2011
Am 3. Oktober feiert das Gestüt Graditz im sächsischen Torgau sein 325jähriges Bestehen. Die traditionsreiche Zuchtstätte ist damit das älteste Vollblutgestüt Deutschlands. Die Liste der Namen, die in dieser langen Geschichte genannt werden müssen, ist lang. Einer darf in keinem Fall fehlen: Graf Georg von Lehndorff , der von 1866 bis 1906 Leiter des Gestüts war und von dem so nachhaltige Sätze stammen, wie der, den wir uns als Überschrift für diesen Artikel ausgesucht haben und der in einer Stallgasse des vor wenigen Jahren komplett sanierten Schlosses und Gestüts auch heute noch zu finden ist. Dem außergewöhnlichen Jubiläum wollen wir mit Hilfe des Chronisten Klaus-Dieter Graage eine Serie starten, mit der wir die Graditzer Geschichte in einzelnen Etappen nacherzählen.
Graf Georg v. Lehndorff – ein Name der klingen wird, solange Pferde gezüchtet werden!
Von Klaus-Dieter Graage
Mit jenem Satz würdigte der einstige Preußische Oberlandstallmeister (1933/34) Gustav Rau die herausragende Lebensleistung des „alten ostpreußischen Grafen“. Der 325. Geburtstag des Gestütes Graditz im Jahre 2011 ist uns würdiger Anlaß für eine kleine Reminiszenz an dessen einstigen Leiter(1866-1906) und Königlich-Preußischen Oberlandstallmeisters (1887-1911). Rufen wir mit folgender auszugsweisen Dokumentation Leben und Werk des des großen deutschen Hippologen und verdienstvollen horseman Graf Georg v. Lehndorff in Erinnerung – am treffendsten, indem wir aus ausgewähltem historischen Schriftgut der „Pferdefamilie“ Lehndorff sowie einstiger namhafter Hippologen, Praktiker und Fachautoren des Metiers Vollblutzucht und Rennsport zitieren.
Lebensweg
Die dem preußischen Uradel angehörenden Lehndorffs gelangten mit dem deutschen Ritterorden nach Ostpreußen, siedelten zuerst nahe der Stadt Königsberg und wurden im 16. Jahrhundert mit einem Flecken Land im Steinorter Gebiet, westlich des Mauersees gelegen, belehnt. Das vielsagende Sprichwort „Der Ostpreuße kommt mit der Trense zur Welt!“ traf im Besonderen auf nahezu alle Generationen der Lehndorffs zu, wie ein Blick in deren interessante Familiengeschichte belegt. Vollblutzucht und Rennsport besonders verbunden waren nächst Georg v. Lehndorff, dessen Sohn Siegfried (Landstallmeister, Leiter der preuß. Hauptgestüte Neustadt (1896-1906), Graditz (1906-1922) und Trakehnen (1922-1931), Autor des Buches „Ein Leben mit Pferden“) und Neffe Dr. Manfred (u.a. bis 1945 Präsident des Königsberger Rennvereins, Leiter des Gestütes Röttgen (1947-1962)).
Über den am 4. Dezember 1833 in Steinort geborenen Georg Hermann Albrecht Graf v. Lehndorff schreibt sein Enkel, Dr. med. Hans v. Lehndorff (1910-1987) in [1] quasi als Kurzbiografie: „Er verlebte seine frühe Jugend in Steinort und zeigte von Kindheit an einebesondere Neigung zu Pferden und zur Reiterei. Die Schule besuchte er in Königsberg und trat als Siebzehnjähriger bei den Kürassieren ein. Bereits zwei Jahre später ließ er sich als Leutnant verabschieden, um sein Gut Laserkeim zu bewirtschaften, das ihm durch Erbschaft zugefallen war. Schon früh ritt und gewann er seine ersten Rennen. Bald verkaufte er Laserkeim und erwarb statt dessen das Gut Haselhorst in unmittelbarer Nähe von Berlin-Spandau. Dort unterhielt er einen qualitätvollen Rennstall, mit dem er große Erfolge gehabt hat. Mit 142 Siegen im Sattel wurde er der führende Mann im deutschen Rennsport. Als erster deutscher Reiter und Rennstallbesitzer ging er mit seinen Pferden nach Petersburg und Moskau und hat auch dort bedeutende Rennen gewonnen. Auch auf französischen Rennbahnen ist er mit Erfolg in den Sattel gestiegen. 1866 trat er wieder in die Armee ein und machte den Krieg mit, wurde aber noch im gleichen Jahr ... mit der Leitung des Königlich-Preußischen Hauptgestütes Graditz betraut.
Sein Gut Haselhorst verkaufte er, um sich ganz der staatlichen Pferdezucht zu widmen. Er hat Graditz vierzig Jahre lang geleitet, bis mein Vater [Siegfried v. Lehndorff (1869-1956)] es von ihm übernehmen konnte. 1887 wurde er zum Oberlandstallmeister ernannt, das heißt zum Direktor der gesamten Pferdezucht in Preußen. 1897 erhielt er den Titel „Wirklicher Geheimer Rat, Excellenz“. Er war die dominierende Persönlichkeit in Deutschlands Rennsport und Vollblutzucht. Oft reiste er in Pferdeangelegenheiten nach England, wo man ihn – eine für Ausländer sehr seltene Auszeichnung – zum Mitglied des Jockey-Club ernannte. Sein Arbeitsfeld war ungeheuer umfangreich, und er kann das Verdienst für sich in Anspruch nehmen, die Einrichtungen der staatlichen Pferdezucht, die bis dahin zersplittert und zum Teil von geringer Bedeutung waren, organisiert und zu Musterbetrieben gemacht zu haben. Durch seinen Einfluß auf das Landwirtschaftsministerium hatte er die Möglichkeit, die Regierung zur Bereitstellung größerer Mittel zu veranlassen, um aus England, dem Mutterland der Vollblutzucht, hochwertige Zuchtpferde ins Land zu bringen. Seine Kenntnisse und Erfahrungen hat er in seinem allen Pferdeleuten bekannten Standardwerk „Handbuch für Pferdezüchter“ niedergelegt. Mit einundzwanzig Jahren verheiratete er sich mit Clara Gräfin Kalnein. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor, drei Töchter und zwei Söhne. Beide Söhne, mein Vater und sein Bruder Meinhard gingen als Landstallmeister in die Pferdezucht. Im April 1914 starb mein Großvater achtzigjährig in Berlin, wo er die letzten Jahre gelebt hatte.“
Reiter und Rennstallbesitzer
Den Namen Georg Graf v. Lehndorff liest man in den Herrenreiter-Listen erstmalig im Jahre 1849. Und 1851 gewann er als 17-jähriger Portepee-Fähnrich mit dem Schimmel-Wallach Bravo sein erstes Rennen. Oskar Christ hält in [2] in einem Kapitel „Graf Georg Lehndorff und seine Zeit“ u.a. fest: „Mit Lehndorffs Auftreten begann eine neue Epoche in Deutschlands Herrensport ... Graf G. Lehndorff war wohl der erste in der Reihe der wirklich großen Reiter oder richtiger gesagt, der erste Künstler unter verschiedenen Reitern von Klasse ... Die Steeple-chases wurden damals sehr langsam geritten und bekamen eigentlich erst durch das Reiten des Grafen Lehndorff den Charakter eines Rennens.“ Und weiter heißt es in [2]: „Getreu der Tradition seiner Familie legte er sich einen Stall guter Pferde zu und mit diesen zog der Graf nun auf den Rennbahnen von halb Europa herum. Er ritt nicht nur in Deutschland, wo es etwas zu gewinnen gab, er gewann auch in Russland, in Frankreich, in Polen, in Ungarn, überall ein verehrter Reiter und gern gesehener Gast.“ Als Herrenreiter bestritt Graf Lehndorff mehr als 400 Rennen und kehrte dabei 142-mal als Sieger zur Waage zurück. All seine großen Erfolge als Reiter und Rennstallbesitzer aufzuzählen, würde den Rahmen unserer kleinen Reminiszenz sprengen. Der Zeitschrift „Sport im Bild“, Nr. 20 / 1915 entnehmen wir deshalb beispielhaft: „Zu seinen besten Pferden zählten 1863 die Ausländer Gaspard und Gaulois, die je sechsmal siegreich waren ... Gaspard gewann einige Rennen in Berlin und wurde dann zur Erfüllung seiner wertvollen Engagements nach Moskau verladen. Unterwegs nahm er noch ein Rennen in Königsberg mit. In der alten russischen Kaiserstadt gewann er dann den Kaiser-Preis und den Preis der Gestüts-Verwaltung. Genau so machte es sein Stallgefährte Gaulios, der nach vier Siegen in Berlin, Stettin und Insterburg in Moskau ebenfalls zwei gute Rennen landete ... Im Jahre 1864 hatte Graf Lehndorff sogar das gewinnreichste Pferd im Stall: den vierjährigen Engländer Fontenoy, der mit 14 Siegen über 10.000 Taler gewann ... 1864 zählte der Stall 25 Insassen, die 40mal siegten und 20 zweite Plätze belegten ... Im Jahre 1865 (dem letzten vollen Jahr) wird der Aktionsradius des Lehndorffschen Stalles noch größer ... Das Schwergewicht wurde nach Frankreich verlegt. Graf Lehndorff nahm seine besten Pferde und ließ sich in Chantilly nieder ...“ Mit sechs Championaten - 1853 (8 Siege), 1858 (14), 1859 (12), 1861(14), 1862 (13) und 1864 (10) – hat sich Graf Georg Lehndorff als einer der erfolgreichsten deutschen Herrenreiter (Amateurreiter) aller Zeiten ein bleibendes Denkmal gesetzt.
Züchter
Im Oktober 1866 wurde der erst 33-jährige Graf Georg Lehndorff mit der kommissarischen Verwaltung des Hauptgestütes Graditz und des sächsischen Landgestütes Repitz betraut und bereits im November 1867 zum Landstallmeister und Leiter beider Zuchtstätten befördert. Der Fiskus hatte die bis dato in Neustadt / Dosse, Trakehnen und Graditz wenig organisierte und zersplitterte Vollblutzucht in Graditz vereinigt, was sich alsbald für die gesamte deutsche Vollblutzucht als segensreich erweisen sollte. Von den 1866 in Graditz vorhandenen 56 Zuchtstuten jedoch waren zehn Jahre später nur noch zwei als „zuchttauglich“ vorhanden. Bei Siegfried v. Lehndorff lesen wir dazu in [3]: „Schon im Herbst 1866 wurde mit der Reorganisation der Vollblutzucht durch den Ankauf von 2 Stuten begonnen, denen 1867 fünfzehn aus England folgten. Diese Ankäufe hatten Baron Maltzahn [Oberlandstallmeister] und mein Vater gemeinsam ausgeführt. Da ersterer bereits im Oktober 1868 starb, kaufte mein Vater von diesem Jahre ab allein, und zwar im Durchschnitt jährlich 3 Stuten, bis ich das Gestüt am 1. April 1906 übernahm ... Im ganzen hat er von 1866 bis zum Herbst 1905, also in 40 Jahren 152 Stuten angekauft.“ Der Engländer William Allison schreibt in seinen „Erinnerungen an Menschen und Pferde“: „Von allen ausländischen Käufern ... war Graf Lehndorff der bekannteste und bemerkenswerteste. Er war bis in die Fingerspitzen ein Pferdekenner der Praxis und er war ein echter Gentleman, was man von einer großen Zahl seiner Landsleute nicht sagen konnte.“ Und der legendäre Trainer des Lord Derby, Sir George Lambton, urteilte über Graf Georg v. Lehndorff, dass dieser „als Beurteiler von Zuchtpferden der beste auf der Welt“ gewesen sei. „Von Graditz aus ist Graf Georg Lehndorff der weltberühmte, großartige Hippologe geworden, als der er in unserer dankbaren Erinnerung fortlebt.“ (Album des deutschen Rennsports 1932). „In der Vollblutzucht hat es sicher nie einen Züchter gegeben, der mit solchem Erfolge das Problem löste, ein Pferd von allerhöchster Rennfähigkeit zu züchten, das auch in Knochenstärke und Form (Exterieur) den hohen Ansprüchen für seine Verwendung in der Halbblutzucht genügte. Das schwere Ringen um einen für die Landespferdezucht brauchbaren Vollbluthengst füllte einen großen Teil von Lehndorffs Leben aus, und er ist allein seiner Tätigkeit in Graditz wegen als Hippologe für alle Zeiten unsterblich. Der Tätigkeit in der Graditzer Vollblutzucht gehörte seine ganze Liebe.“ (G. Rau, Sankt Georg, Nr.23 / 1933). Ebenda schrieb Landstallmeister v. Prittwitz-Cosel seine persönlichen Erinnerungen an Graf Georg v. Lehndorff nieder: „Ich trat mein Kommando zur Gestütsverwaltung am 1. April 1901 in Graditz bei Torgau an, zu einer Zeit, in der das Deckgeschäft noch in vollem Gange war. Auch die Rennpferde, welche in damaliger Zeit den Winter in Graditz verbrachten, waren noch nicht nach der Trainingszentrale in Hoppegarten übergesiedelt ... Fast jeden Tag fuhr Exzellenz zur Morgenarbeit der Rennpferde auf die Galoppierbahn. Beim Deckgeschäft war er stets zugegen. Dann erledigte er die Arbeiten auf dem Geschäftszimmer. Ferner besuchte er im Laufe des Tages die Fohlen bei Fuß, die Jährlingsstuten auf den Koppeln, die Jährlingshengste in den Paddocks, die Rennpferde im Stall oder fuhr auf die Vorwerke zu den Halbblütern. Wurde ein Fohlen geboren, so war sein erster Gang zu diesem und es wurde eingehend begutachtet. Ging ein Pferd ein, so wohnte er der Sektion bei. In der Anatomie der Pferde wusste er Bescheid wie der erfahrenste Tierarzt und stellte mit absoluter Sicherheit die Diagnose.“ Mit der Konzentration der staatlichen Vollblutzucht in Graditz entstand auch der alsbald berühmte und von nicht wenigen Privatbesitzern ob seiner Übermacht zeitweise gefürchtete Graditzer Rennstall. Aus Kostengründen trainierte der „Graf“ die Pferde anfangs selbst, erst 1883 wurde mit Richard Waugh ein erster Berufstrainer angestellt. Aus [4] entnehmen wir: „Als die ersten 25 Jahre des Graditzer Rennstalles verstrichen waren, waren 189 Graditzer – 100 Hengste und 89 Stuten – 1.246mal gelaufen und 496 Rennen waren gewonnen worden, die den stattlichen Gewinn von 1.934.661 Mark darstellten.“ Trotz mehrjährigem Startverbot für fiskalische Pferde (1872-1877) im Deutschen Derby vermochten die Graditzer das wichtigste klassische Rennen unter Ägide des Gestütsleiters Graf Georg v. Lehndorff mit Potrimpos (1886), Peter (1891), Geier (1893, Halbsieger mit Hardenberg) und Habenichts (1898) viermal zu gewinnen!
Oberlandstallmeister
Durch allerhöchste Kabinettsordre wurde Graf Georg v. Lehndorff im Oktober 1887 zum Königlich-Preußischen Oberlandstallmeister ernannt und bekleidete dieses verantwortungsvolle Amt bis zum Jahre 1911, also annähernd 25 Jahre. Seine Amtszeit kann zweifelsohne als Epoche der Reorganisation und des allgemeinen Aufschwungs insbesondere der deutschen Vollblutzucht und des Rennsports bezeichnet werden. Der Graditzer Gestütsmeister Hinrichs, langjähriger Wegbegleiter des Grafen, erinnert sich (Sankt Georg, Nr. 23 / 1933) u. a. an deren gemeinsame Englandreisen: „Von dem hohen Ansehen, das Graf Georg Lehndorff in England genoß, kann sich nur der eine Vorstellung machen, der bei solchen Gelegenheiten dabei gewesen ist. Wenn Exzellenz Lehndorff auf einem englischen Rennplatz eintraf, dann wurde er sofort von den offiziellen und führenden Persönlichkeiten begrüßt und stand im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses ... Exzellenz Lehndorff kaufte jeden Vollblüter, der für Deutschland bestimmt war, persönlich. Er ging dabei sehr gewissenhaft vor, kontrollierte ganz genau die Abstammung, die er von allen Vollblutpferden auswendig wusste, und verschaffte sich sorgfältigste Informationen über jedes einzelne Pferd ...
Ein besonderes Meisterstück von Graf Lehndorff war der Ankauf von Ard Patrick. Der Graf sah den Hengst zum erstenmal bei einem 2200m-Galopp und machte dann den Kauf perfekt. Er erlebte dann die Freude, sich dieses Pferd rechtzeitig gesichert zu haben, als Ard Patrick kurz hintereinander als Vierjähriger die Prince of Wales-Stakes und die Eclipse-Stakes ... gewann. Graf Lehndorff war es auch, der für die Halbblutzucht so bedeutende Hengste wie Perfectionist, Red Prince, Master Magpie ausfindig machte und für Deutschland sicherte ... Seine Begleiter auf diesen Reisen waren sehr oft die Herren U. v. Oertzen und Exzellenz von Girsewald.“ Und Hinrichs resümiert über „seinen“ Oberlandstallmeister: „ Von allen Seiten holten sich Züchter und Rennleute Rat und Auskunft bei Exzellenz Lehndorff, und bei jeder Gelegenheit gab er Hinweise, Anregungen und Belehrungen ..., so daß man ihn mit Recht den größten Förderer von Deutschlands Vollblutzucht und –sport sehen kann.“
Funktionen und Ehrungen
Graf Georg v. Lehndorff zeigte außerordentliches Engagement auch in Funktionen verschiedenster Gremien von Zucht und Sport. „Eine Reihe von Jahren war er Vorsitzender der Technischen Kommission des Union-Klubs, ein Posten, den er erst niederlegte, als er 1887 zum Oberlandstallmeister ernannt wurde. Dafür übernahm er dann den Vorsitz des Großen Schiedsgerichts in Rennangelegenheiten, den er erst 1913 an seinen Nachfolger, Burchhard von Oettingen, abtrat. Im Union-Klub war Graf Lehndorff einer der Vizepräsidenten, er gehörte auch der Aufnahmekommission, dem Repräsentanten-Ausschuß und der Importations-Kommission an. Im Berliner Renn-Verein war er gleichfalls Vize-Präsident und der Verein für Hindernis-Rennen führte ihn als Ehrenpräsident. Er war auch einer der 36 Männer, die am 15. Dezember 1867 ... den Union-Klub ins Leben gerufen hatten. ... Die Laufbahn des Grafen Lehndorff ist nicht nur reich an Erfolgen gewesen, sondern auch reich an Ehrungen ... 1891 erhielt er anlässlich des 25jährigen Jubiläums von Graditz das Komturkreuz des Hohenzollernschen Hausordens, 1897 wurde er zum Wirklichen Geheimen Rat mit dem Titel Exzellenz ernannt und ihm weiter der Kronenorden I. Klasse verliehen. Dieser Auszeichnung folgte beim Scheiden aus seinem Amt Ende des Jahres 1911 die Verleihung des Roten Adlerordens I. Klasse mit Brillanten ... Wie hoch auch das Ausland die Person des Grafen Lehndorff schätzte, beweist, daß er als Ehrenmitglied dem Englischen Jockey-Club angehörte, der einzige Deutsche, dem je diese Auszeichnung zuteil geworden ist.“ (Album des deutschen Rennsports 1933).
Aus seinem Werk
Die hippologische Fachliteratur des 19. Jahrhunderts und zuvorderst das von Georg Graf v. Lehndorff verfasste „Handbuch für Pferdezüchter“ beurteilte der langjährige Generalsekretär des Union-Klubs von 1867, F. Chales de Beaulieu (1899-1992) wie folgt: „Leider sind all diese gediegenen Bücher der heutigen Lesergeneration nahezu unbekannt. Bessere gibt es aber nicht und wird es nicht mehr geben.“ Und Gustav Rau schreibt im „Sankt Georg“, Nr. 23 / 1933: „Graf Lehndorff´s durch die ganze Welt gegangenes „Handbuch für Pferdezüchter“ ist typisch für die Schlichtheit seines Wesens. Er gibt in diesem Werke das ganze Maß seiner gewaltigen züchterischen Erfahrungen, aber nicht als über den Züchtern stehender Oberlandstallmeister, sondern er spricht als Züchter zu seinen Tausenden Züchterkollegen.“ Untersetzen wir unsere kleine Dokumentation mit aus Platzgründen nur drei Auszügen aus dem „Handbuch ...“ [5] Graf Georg v. Lehndorffs, dessen 5. Auflage 1909 er selbst als sein hippologisches Testament bezeichnete. Zur Zucht: „Die Vollblutzucht ist in viel geringerem Maße ein Produkt der Scholle als das Halbblut oder gar die kaltblütigen Schläge, sie ist vielmehr ein universelles Kunstprodukt, eine äußeren Einflüssen gegenüber widerstandsfähige Rasse, welche sich nach allen Ländern verpflanzen und überall weiterzüchten lässt, ohne wesentlich zu degenerieren, solange sie nach denselben Prinzipien fortgezüchtet wird ...“ „Man soll nur Stuten aus dem bestbewährten Blut kaufen, wobei namentlich auf die Mutter noch mehr Rücksicht zu nehmen ist als auf den Vater. Die gute Abstammung allein darf aber noch nicht entscheidend sein, weil man sich auch dabei noch leicht mit ungesunden Tieren bekaufen kann ...“ Zu den Rennen: „Die Schnelligkeit ist nicht der Zweck, sondern nur der Maßstab für die gemachte Kraftprobe. Das große ideale Prinzip, welches diese Art der Prüfung unvergleichlich höher stellt als alle anders gearteten Ermittlungen resp. Taxen, welche lediglich auf individueller Beurteilung durch Kommissionen oder einzelne Richter beruhen, ist die absolute und blinde Gerechtigkeit, personifiziert in den unbeugsamen Siegespfosten, welche auf der Rennbahn den Ausschlag geben; und die unumstößliche Gewißheit, daß weder Moden noch Zeitströmungen, weder Wohlwollen noch Haß, weder persönliche Ansichten noch Opportunitätsrücksichten (wie sie leider bei Schauprämiierungen so häufig) die in über 200jähriger Statistik niedergelegten Entscheidungen heißer Kämpfe beeinflußt haben, verleiht dem englischen Vollblut einen Zuchtwert, welchen keine Rasse in irgendeiner anderen Tierart beanspruchen kann.“
Literaturempfehlung / Quellen
[1] Lehndorff, H. Graf v.: Menschen, Pferde, weites Land, München 1980. [2] Christ, O.: Das Hohelied des deutschen Amateurrennsports, Hannover 1938. [3] Lehndorff, S. Graf v.: Ein Leben mit Pferden, Hannover 1956. [4] Christ, O.: Kreuz und quer durch den Rennsport, Köln 1948. [5] Lehndorff, G. Graf v.: Handbuch für Pferdezüchter, Berlin 1881. [6] Beaulieu, F. Chales: Vollblut, München-Basel-Wien 1967. Chronist: K.D.Graage Repros: Archiv
Georg Graf v. Lehndorff - Zitate
Blut ist der Saft, der Wunder schafft!
Züchte nur von den Besten Deiner Besten, und lass’ es diesen wenigen Tieren an nichts fehlen!
Zu einem guten Rennpferde gehören: Erstens Gesundheit – zweitens Gesundheit – drittens viel Gesundheit!
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