Gestüt Etzean
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Gestüt Etzean: Meilensteine in der 40 jährigen Gestütsgeschichte
(aus dem Magazin Vollblut Aug. 2010/Update 2011)
Von Klaus Göntzsche
- 1.Apri 1969: Heinz Weil pachtet das Hofgut Etzean mit ca. 43 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche. Eigentümer ist Graf Eugen zu Erbach-Fürstenau. Zuvor wurden die Flächen als Jungviehweide für die Rinderzucht genutzt. 20 ha Grünland und 23 ha Ackerland wurden im ersten Jahr bewirtschaftet.
- 1970: Arica, Balata und Mariage sind die drei ersten Vollblutstuten. Belmondo v. Botticelli aus der Balata wird geboren – er wurde 2jährig vierfacher Sieger und gewann 3jährig Grupperennen.
- 1975: Der Hengst Experte aus der Zucht des Gestüts Bona kommt als Deckhengst, weitere 16 Boxen werden gebaut.
- 1978: Kauf der Stute Niala aus einer Konkursmasse. Sie war zuvor drei Jahre güst.
- 1980: Geburt von Nandino. Er wird Champion-Zweijähriger, klassischer Sieger im Henckel-Rennen und Zweiter im Deutsche Derby (GAG 101) Als Nachkomme von Experte aus der Niala ist er damit ein Etzeaner Eigenprodukt.
- 1981: Umbau einer leer stehenden Hühnerhalle mit 20 Boxen.
- 1984: Nandino wird Deckhengst auf Etzean
- 1986: Geburt von Turfkönig. Er wird zweifacher Gruppe-1-Sieger und fünf Mal Gruppe-II- Sieger und Champion-Zweijähriger.
- 1988: Training der eigenen Rennpferde in Etzean durch Reinhard Ording, dazu Bau einer Trainingsbahn.
- 1989: Bau der Reithalle und weitere 17 Boxen vorhandener Halle.
- 1991: Pacht des gräflichen Wohnhauses und Umbau der anschließenden Lagerhalle in weitere zehn Boxen.
- 1992: Dashing Blade und Heraldiste kommen als Beschäler. Verkauf von Le Beau zum Auktions-Höchstpreis von 220.000 DM. Geburt von Lecroix. Er wird Gruppe II-Sieger und Gruppe1-platziert. Die Milchviehhaltung wird aufgegeben und 8 Boxen sowie der erste Laufstall werden im Hof der Familie Kredel eingerichtet.
- 1994: Neubau eines Stutenstalles mit 15 Boxen am Hof Kredel. Im Gestüt Erlenhof Kauf von Noveka, der Großmutter von Night Magic.
- 1996: Die Gruppe 1 Sieger Faberger und Noble Pearl werden geboren.
- 1997: Hochgeschwindigkeits-Pferdelaufband wird angeschafft.
- 1998 Außergewöhnlicher Jahrgang mit El Royal, Kalou, La Perla, Nanouska, Night Woman, Peu a Peu, Sacho, Touch Down, Tareno, Tomster, Denaro und Mistic Sun.
- 1999: Verkauf von Tareno, Höchstpreis bei der BBAG-Jährlingsauktion mit 620.000 DM.
- 2002: Geburt von Manduro. Dreifacher Gr.1-Sieger, das höchst eingestuftes Pferd der Welt. Ebenfalls die Geburt von Royal Highness. Mehrfach Gruppe 1-platziert in Frankreich und Gruppe1-Sieger in den USA.
- 2003: Der spätere Gruppe I-Sieger und Deckhengst Lord of England wird geboren.
- 2006: Geburt von Night Magic. Später Siegerin im Henkel-Preis der Preis der Diana (Gr.I) und im 138. Großer Preis von Baden (Gr. I), Galopper des Jahres 2009.
- 2007: Lord of England wird Deckhengst.
- 2009: Erster Jahrgang von Lord of England erreicht ein Top-Ergebnis auf der BBAG Auktion.
- 2011: Der rechte Bruder von Night Magic, Night Wish, wird bei der BBAG-Jährlings-Auktion für 200.000 Euro verkauft, das zweitteuerste Pferd der Auktion.
Gestüt Etzean und der Erfolg der Verrückten
(aus dem Magazin Vollblut Aug. 2010)
Von Klaus Göntzsche
Als der Frankfurter Unternehmer Heinz Weil in den späten 60-er Jahren des alten Jahrhunderts vom leidenschaftlichen Rennbahnbesucher bevorzugt in Frankfurt am Main und mutigen Wetter zum Züchter von Vollblutpferden wurde, war sein Ziel klar: “Wir wollen in die Spitzengruppe der deutschen Gestüte einbrechen. Wenn das in wenigen Jahren nicht klappt, machen wir die Schotten wieder dicht. Wir wollen den Erfolg. Das wir Verrückte sind, wissen wir.“ Heinz Weil, mittlerweile 83 Jahre alt, hat die oben zitierten Sätze im Jahre 1977 gesprochen. So richtig geglaubt mit dem Erfolg hat dem Mann das damals niemand. Heute gehört sein Gestüt Etzean im südlichen Odenwald - 75 Kilometer entfernt von der Metropole Frankfurt am Main - zu den führenden Vollblutgestüten Deutschlands. Mit 120 Hektar Fläche, 70 Mutterstuten und 120 Boxen. Das 40-jährige Jubiläum wurde mit 200 Gästen am 26.Juni 2010 gefeiert. Die Liste der dort aufgezogenen Black-Type-Pferde ist seitenlang und reicht von dem 1970 gezogenen Hengst Belmondo (Botticelli-Balata) bis zur Stute Night Magic (Sholokhov-Nigth Woman) als Siegerin des klassischen Henkel-Preises der Diana im Jahre 2009 und aktuellen Galopper des Jahres.
Nicht weniger Seiten würden die skurrilen Geschichten füllen, die sich um die Person von Heinz Weil drehen. Vom Vollblutvirus wurde er im Gestüt Waldfried infiziert, das sich in seinen jungen Jahren noch in Frankfurt befand. Pedigrees lernte er auswendig wie andere Menschen Gedichte oder Aufstellungen von Fußball-Mannschaften. Wenn Weil von einer Vision überzeugt war, dann hat er sie in die Tat umgesetzt. Dass sein Gestüt Etzean zu einem Erfolg wurde, ist indes auch eine Mixtur besonderer Umstände, die eng mit dem Namen Kredel verbunden ist. Als Weil im April 1969 auf 420 Meter Höhe im Flecken Etzean 43 Hektar bislang landwirtschaftlich genutzter Flächen vom Grafen Eugen zu Erbach-Fürstenau pachtete, stieß er auf die Familie Kredel und den damals 20-jährigen Sohn und Hoferben Gerhard Kredel. Schon damals ein Pferdemann, der noch heute Vorsitzender des örtlichen Reitervereins ist. Kredels waren die Nachbarn des gepachteten Geländes und sie haben den Mut besessen, den Weg von Heinz Weil mitzugehen. Obwohl auch bei ihnen ein gesunde Skepsis vorhanden war. Es war beeindruckend, als Gerhard Kredel, mittlerweile 61 Jahre alt, bei der Jubiläumsfeier in der zünftig gestalteten Reithalle alle Details der wichtigen Ereignisse der letzten 40 Jahre ohne jedes Manuskript packend erzählen konnte. Heinz Weil spielte dabei immer ein tragende Rolle. Und es ging mit ihm niemals total normal oder gar langweilig zu.
Im Jahre 1978 wurde aus einer Konkursmasse die zuvor drei Jahre lang güste Stute Niala gekauft. Normalerweise ein Fall zum Weglaufen, doch Weil zahlte anstandslos die verlangten 5000 Mark und das in bar. Niala wurde in Etzean tragend und die Mutter von Nandino, dem Sieger des klassischen Henckel-Rennens und Zweiten im Deutschen Derby. Heinz Weil ließ ihn mit Wilfried Kujath als Begleiter die Wärme von Pisa genießen und der Trainer Heinz Hesse führte ihn zwischen den Strandkörben durch den Sand der Nordseeinsel Wangerooge. Damals fassungslos bestaunt vom Establishment der Szene. Heinz Weil hat das nie gestört, eher ermuntert. Der Mann hat viele Trainer getestet, gefördert und wieder verlassen. Als es ihm einmal absolut zu bunt wurde, da baute er 1988 kurzentschlossen selbst eine Trainingsanlage im Gestüt und engagierte mit Reinhard Ording einen Trainer. Auch das ist Geschichte.
Wie diese: im Jahre 1994 wurde im Gestüt Erlenhof eine Stute namens Noveka gekauft. Mit vielen, krassen optischen Mängeln, Hinderungsgründe reichlich. Nicht für Weil. Noveka ist heute die Großmutter von Night Magic, der bereits erwähnten klassischen Siegerin.
Längst ist Etzean auch zu einem führenden Auktionsgestüt geworden und 1999 wurde der spätere Gruppe-Sieger Tareno mit damals 620.000 Mark der Höchstpreis der BBAG-Auktion. Zahlreiche erfolgreiche Pensionäre vertrauen Etzean und deshalb ist 2002 dort auch Manduro für den Züchter Rolf Brunner zur Welt gekommen. Der dreifache Gruppe I-Sieger war bei Andre Fabre in Training, gewann für Georg Baron von Ullmann die Prince of Wale`s Stakes in Ascot und wurde Welt-Champion des Jahres 2007.
Aufgewachsen in jenem Gestüt, das Heinz Weil in der Gründerphase selbst als „Kraut-und Rübengestüt“ bezeichnete. Aufgezogen auch nach der „Weil`schen Methode“ mit biologischer Düngung der Böden, bestem Futter, sorgsamster Weidepflege und auch einem rauen Klima, einst als Nachteil gewertet, heute eher als Vorteil gesehen. Weil hat sich längst den Ruf eines Weideprofessors „honoris causa“ eingehandelt.
Im Jahre 1992 eine glückliche Hand beim Ankauf des jungen Deckhengstes Dashing Blade, für den er immerhin eine Million Mark zahlte, dessen Kampfgeist ihm allerdings mächtig imponierte. Zu seinen Meriten zählen drei Europa-Gruppe I-Sieger und viel Qualität als Mutterstuten-Vererber. Aktuell decken Dashing Blade, Sholokhov (der Vater von Night Magic) und Lord of England in Etzean. Lord of England wurde dort für Klaus Hofmann aufgezogen und von Etzean aufgestellt, obwohl selbst Gestütsleiter Gerhard Kredel Bedenken äußerte. Die Auktionsresultate des Jahres 2009 in Iffezheim bestätigten die Entscheidung.
In Etzean ist der Erfolg auf vielen Ebenen mitgewachsen. Heinz Weils Tochter Christiane Weil-Daßbach ist schon lange Mitbesitzerin des Gestüts, führt die Geschäfte und ihre beiden Söhne xxx sind nicht minder infiziert vom Vollblut wie seinerzeit der Großvater. Ähnlich sieht es im Hause Kredel aus. Margarete Kredel ist der ruhende Pol der Familie und Ralf Kredel (33) hat nach dem Abitur bei seiner Ausbildung in der Sparkasse mit zeitgleichem BWL-Studium schnell festgestellt, dass er keineswegs in diesem Metier bleiben wollte. Längst hat er sich im Ausland weitergebildet und schließlich endete das Kennenlernen der vor allem hinsichtlich der Befruchtungsquote der Stuten erfolgreichen Tierärztin Dr. Kathrin Rödiger in einer Ehe mit der Folge des xx geborenen Sohnes namens Söhnke. Mit einem sehr stolzen Großvater und dem Hinweis:“Das ist schon die nächste Generation.“
Es ging sehr menschlich zu bei der Feier zum 40-jährigen Bestehen, auf der Heinz Weil wegen seiner angegriffenen Gesundheit schmerzlich vermisst wurde. Christiane Weil dankte mit bewegten Worten der gesamten Familie Weil und bei der Präsentation der Hengste, Stuten und Jährlinge wurden Mitarbeiter von ihr persönlich vorgestellt. Es passte ins Bild, das die lesefreudige Azubi keinen größeren Wunsch äußerte, als in Etzean bleiben zu dürfen. Und als sich Gerhard Kredel schließlich für 40 Jahre mit Weils bedankte, da standen ihm sogar die Tränen in den Augen. Christiane Weil-Daßbach lud zum Schluß vorsorglich schon für den 26.Juni 2020 ein. Zum 50-jährigen Jubiläum von Etzean. Dieser extrem ungewöhnlichen, ebenso erfolgreichen Zuchtstätte mit den ebenso ungewöhnlichen Menschen.
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